«Ich habe gemerkt, dass ich für denselben Ertrag immer mehr Hilfsstoffe brauchte – und mich gefragt, woran das liegt», erklärt Adrian Brügger, ÖLN-Landwirt gegenüber der BauernZeitung. Dank dem Hinweis eines Berufskollegen sei er einem Arbeitskreis für Regenerative Landwirtschaft beigetreten. Der Arbeitskreis wird von Simon Jöhr, Berater und Kursleiter von Regenerativ Schweiz, geleitet. Das war vor etwa vier Jahren, und seitdem hat der Landwirt sowohl Ackerbau als auch Tierhaltung auf seinem Betrieb in Willadingen BE teilweise grundlegend verändert. Adrian bringt sein Erfahrungswissen regelmässig auch in die Treffen der Regenerativ-Community ein.
Artikel von Jil Schuller, publiziert in der BauernZeitung vom 6. Juni 2024
Zwei Gründüngungen
Früher habe eine Winterfurche vor Kartoffeln für ihn dazugehört. «Ich dachte, das sei bei meinen schweren Böden das Beste», erinnert er sich. Heute ist er anderer Meinung, die Bodenfruchtbarkeit habe gelitten. Daher sät Adrian Brügger nun konsequent Gründüngungen, um den Untergrund zu bedecken.
Regenerativ-Fachleute empfehlen, die Mischungen vor der Blüte abzustoppen und bei längeren Pausen zwischen den Kulturen eine zweite Gründüngung zu säen, da sich bei Blühbeginn die Wurzelexsudate veränderten und nicht länger positiv auf das Bodenleben wirkten. «Die erste Gründüngung wird gemulcht und als Flächenrotte zersetzt, die zweite folgt zwei Wochen später», schildert Brügger das Vorgehen.
Gründüngungen bedecken und beleben bei dem Landwirt nicht nur den Boden, sondern dienen auch als Nährstoffreservoir. Kartoffeln dünge er z. B. nicht mehr direkt. Stattdessen bringe er Hofdünger im Herbst in die Gründüngung aus, was problemlos funktioniere. «Blattsaftanalysen der Kartoffelstauden haben keine Mängel bei den Hauptnährstoffen NPK gezeigt», hält Adrian Brügger fest.
Fehlen Spurenelemente, bringt er diese in den Komposttee gemischt als Blattdünger aus. «Das ist viel effizienter, als über den Boden zu gehen, wo die Nährstoffe vielleicht gar nicht pflanzenverfügbar sind», ist er überzeugt. Aufschluss über die Nährstoffversorgung im Boden gibt ihm eine jährliche KAK-Analyse vor der Düngung.
Mit der Gülle bringt Brügger Pflanzenkohle auf seine Flächen aus, pro Jahr gut 10 m3. In die Stallgänge gestreut, sorge die Kohle vorher für ein besseres Stallklima bei seinen Aufzuchtrindern. «Letztes Jahr habe ich so viel gespritzt wie noch nie», meint er lächelnd, «2800 Liter Komposttee, 150 bis 200 l/ha – das war ein gutes Gefühl.»
Am Brix-Wert, der mit einem Refraktometer bestimmt wird und ein Mass für die Fotosyntheseleistung bzw. Gesundheit einer Pflanze ist, habe er den Effekt jeweils schnell gesehen.
Hausgemacht auf den Acker
Mancher Landwirt habe mit regenerativen Ansätzen angefangen und es aus Gründen des Aufwands oder der Kosten wieder aufgegeben, beobachtet Adrian Brügger. «Es braucht Arbeit, sowohl auf dem Feld als auch im Kopf», bestätigt der Berner.
Auch um die Kosten tief zu halten, hat er selbst Geräte nach seinen Bedürfnissen angepasst und sich z. B. einen Tiefenlockerer mit der Möglichkeit zum Einspritzen von Fermenten gebaut. Eine Celly-Fräse hat er ebenso mit Spritzdüsen nachgerüstet. Holz aus dem eigenen Wald pyrolysiert der Landwirt in einem selbst entworfenen Kon-Tiki zu Pflanzenkohle. «Die Schadstoffmengen habe ich überprüfen lassen», merkt er an, «die Kohle ist sauber.» Mittlerweile verkauft er seine Pyrolyse-Öfen auch an andere Landwirte.
Hausgemacht ist bei Brügger nicht nur die Pflanzenkohle. Auch den Komposttee und verschiedene EM-Fermente braut der Landwirt selbst. «Man muss sehr sauber arbeiten», bemerkt er und öffnet einen seiner vier zu Braukesseln umfunktionierten Milchtanks. Mit einem Streifen Indikatorpapier überprüft er die Reife des Ferments und die orange-gelbe Farbe bestätigt den sauren Geruch, der aus dem Behälter aufsteigt.
Schlechte Gülle bedeutet verlorene Nährstoffe
Die EM-Präparate setzt Adrian Brügger auf dem Feld ein, aber auch, um seine Gülle zu beleben. Es sei eine wahre Freude, wie sie beim Rühren zu schäumen beginne. «Auf den meisten Betrieben gibt es Bschütti, aber oft sieht man sie als eine Art Nebenprodukt», meint er. Mit EM und Pflanzenkohle aufgewertet, sei die Gülle aber ein sehr wertvoller Dünger.
Brügger ist der Meinung, dass hier viel Potenzial für Verbesserung bestünde und Bundesbeiträge für die Gülleaufwertung gut investiertes Geld wären. «Schlechte Gerüche bedeuten verlorene Nährstoffe», gibt er zu bedenken. Seit er mit belebter Gülle, EM und Komposttee arbeite, brauche er deutlich weniger andere Düngemittel: «Auf 10 ha Kunstwiese habe ich kein Kilo Ammonsalpeter oder Harnstoff ausgebracht und hatte letztes Jahr mehr Futter denn je zuvor.»
An den Grundsatz halten
Durch seine Auseinandersetzung mit der Regenerativen Landwirtschaft arbeite er heute viel bewusster, in mehr Schritten und mit einem besseren Verständnis für Zusammenhänge, sagt Adrian Brügger. Vor allem eine gesamtheitliche Sicht auf die Landwirtschaft – jenseits von Gärtchendenken und Spezialgebieten – liegt ihm am Herzen.
«Bisher funktioniert es meistens.»
Adrian Brügger verschweigt auch Fehlschläge nicht. «Ich hätte diesen Frühling die Gründüngung nicht fräsen sollen. Danach kam die Kälte, und statt zu rotten, ist das Ganze verfault», bedauert der Landwirt. Trotzdem seien die Würmer auf der betreffenden Fläche aktiv und insgesamt stelle er Verbesserungen auf seinen Böden fest. «Bisher funktioniert es meistens», so sein Fazit zu seinen Versuchen.
Doch bei all seinen Bemühungen um einen geringeren Einsatz von Hilfsstoffen, für gesunde Böden und vitale Bestände hält er sich an seinen Grundsatz: «Das Ziel darf nicht sein, tiefere Erträge zu akzeptieren.» Adrian Brügger sagt von sich, er wolle ganz klar Lebensmittel produzieren, aber mit weniger Input und gesünderen Endprodukten.
Jede Überfahrt auf einem Acker sei ein Kompromiss, der das natürliche System ein Stück weit von seiner eigenen Regulierungsfähigkeit entfernt. Stärkungsmittel und je nach Situation korrigierende Eingriffe wie die Bekämpfung von Schädlingen hält der Landwirt daher für sinnvoll.
Allerdings braut er in seinen Milchtanks nicht nur stärkende und belebende Fermente, sondern auch biologische Pflanzenschutzmittel nach südkoreanischem Rezept. Solche Jadam-Produkte bestehen z. B. aus einer Mischung aus Waldboden, Meersalz und gekochten Kartoffeln, in der sich standorttypische, nützliche Mikroben vermehren sollen.
Die Entwickler von Jadam sind nach eigenen Angaben Biolandwirte. Ihr Ziel sei es, die Landwirtschaft mit wirksamen, selbst herstellbaren Biowirkstoffen unabhängiger sowie ökologischer zu machen. «Für mich geht es nicht um Bio oder Konventionell», stellt Brügger klar. «Aber in diesen und den regenerativen Methoden sehe ich Lösungen für viele Probleme – das motiviert mich.»
Der Beitrag ist Teil einer Serie der Journalistin Jil Schuller zu regenerativer Landwirtschaft in der BauernZeitung.
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